Mit vier Stunden hatte das Hinweisschild kurz hinter Obergurgl die Strecke ausgewiesen, aber das muss wohl für Wanderer ohne schweren Rucksack gegolten haben. Rechts vom Saumweg steigen die Bergwände schroff in die Höhe, links fallen sie steil nach unten in die immer tiefer werdende Schlucht, die sich bis zum Gurgler Ferner zieht – jenem Gletscher, auf dem am 28. Mai 1931 der Schweizer Wissenschaftler Prof. August Piccard mit seinem Stratosphären-Ballon notgelandet war und damit dem verschlafenen Bergnest zum Weltruhm verholfen hat. Immer liegt Obergurgl, das höchstgelegene Kirchdorf Tirols, in Sichtweite, selbst vom Ramolhaus aus. Stärker hallt der Donner von den Bergwänden wider. Mit Panik im Herzen und Blei in den Füßen schraube ich mich weiter nach oben und überwinde auf 7,5 Kilometern rund 1.100 Meter Höhenunterschied – von 1.927 bis auf 3.006 Meter. Die Sektion Hamburg und Niederelbe e.V. des Deutschen Alpenvereins (DAV) hat vor die Rast den Schweiß gesetzt, besonders auf dem schmalen Steig des letzten Steilhangs, der zwar keine bergsteigerischen Kenntnisse voraussetzt, sich aber durch hochalpines Felsgestein zieht. Hamburg höchstgelegenes Haus in den Alpen will als Gipfelerlebnis verdient sein.